Robbies Gold

Zwei Jahre vor seinem Tod musste ich Robbie versprechen, zu Lebzeiten nicht über ihn zu schreiben. Das habe nichts damit zu tun, dass er sich für irgendetwas schäme oder irgendetwas bereue; er wolle einfach nicht nachlesbar sein. Das war vor ungefähr fünfzehn Jahren. Wir sahen uns eine Zeitlang nicht, dann erfuhr ich über Umwege, dass er an seinem schweren Nierenleiden gestorben war. Er wurde nicht einmal fünfzig Jahre alt. Meine ehemalige Ehefrau sagte: Der ist ein Zigeuner. Konnte man drauf kommen angesichts seiner schwarzen Locken und der intensiven dunklen Augen. Wir hatten ihn so um 1984 herum kennen gelernt. Seine Tochter ging in denselben Kindergarten wie mein Sohn. Da lebte er noch mit der Mutter dieses Mädchens zusammen. Robbie war ein Spieler, und damit meine ich nicht nur seinen Hang zur Zockerei.

Außerdem war er ein Mann, der die Frauen liebte. Eine Partnerin konnte diesem lebenshungrigen Typ nicht reichen. Das erfuhr ich ganz praktisch, nachdem wir uns angefreundet hatten und gelegentlich gemeinsam umherzogen. Wenn ich mich recht erinnere, war er gelernter Schaufensterdekorateur, arbeitet damals aber schon länger als Zahntechniker in einem bekannten Labor. Seine linke Hand war leicht verkrüppelt, aber er besaß so viel handwerkliches Geschick, dass er sich nicht nur in der Dentalarbeit einen Namen gemacht hatte.

Tatsächlich stellte er sehr ungewöhnlichen Schmuck aus Zahngold her. Wir wurden dicke Freunde, weil mich sein Freiheitsdrang und sein Leben jenseits bürgerlicher Vorstellung faszinierte, während er einen Narren an mir gefressen hatte, weil ich seinen verrückten Plänen oft einen vernünftigen Boden einzog. So auch in unseren zwei Jahren als Profispieler. Robbie hatte einem alten Berufszocker auf Rhodos für kleines Geld ein System fürs Roulette abgekauft, das er in ungezählten Nächten an einem Spielzeugkessel und an gekauften Permanenzen aus verschiedenen Kasinos getestet hatte. Erst als er das Gefühl hatte, mit diesem System könne man gewinnen, weihte er mich ein. So verbrachte ich mit zusammen Stunde umd Stunde vor dem Miniroulette und den Tabellen. Ob man das nicht irgendwie programmieren könne, fragte er, ich hätte doch Ahnung von Computern.

So kam es, dass ich wochenlang in meiner Freizeit ein Programm in BASIC für einen dieser programmierbaren Taschenrechner der Marke Sharp entwickelte und testete. Um das System anwenden zu können, musste man mindestens zwölf Coups eines Tisches eingegeben haben. Dann warf das Programm Setzempfehlungen aus. Nachdem Robbie überzeugt war, dass die Sache funktioniert, fuhren wir eines Sonntags ins Kasino Hohensyburg, einen modernen Bau mit viel Glas oben auf dem Berg.
Wie immer an Nachmittagen standen nur Männer an den Tischen, die sonst nichts zu tun hatten, süchtige Glücksspieler und Profizocker. Die Stimmung war viel entspannter als ich es vermutet hätte, es wurde kaum gesprochen, nur die Ansagen der Croupiers waren zu hören. Wir hatten nur 1000 Mark in Jetons getauscht und waren durch den Saal geschlendert, um den passenden Tisch zu finden. Wir wählten denjenigen mit den meusten Spielern, und ich begann, die gefallenen Zahlen einzugeben. Der zwölfte Coup war durch. Das Programm gab seine Empfehlung ab. Robbie setzte. Wir gewannen.

Tatsächlich gewannen wir vierzehn Mal nacheinander und hatten unser Kapital beinahe verdoppelt. Plötzlich kam ein Typ im Anzug auf mich zu. Mein Partner und ich sollten ihm bitte ins Büro folgen. Was blieb uns übrig. Dort eröffnete er uns, dass technische Hilfen in seinem Kasino, er war der Leiter des Ladens, nicht toleriert würden, schon gar nicht, wenn Spieler damit gewännen. Er zerriss vor unseren Augen die Karteikarten mit unseren Namen und erteilte uns Spielverbot auf Lebenszeit in Hohensyburg. Dann geleitete er uns zur Kasse, wo wir unsere >Jetons in Bargeld tauschten.
Bis dahin hatten wir kein Wort gewechselt. Als wir aber in Robbies verdötschter, zugemüllten Japanschüssel hockte, brachen wir in schallendes Gelächter aus. Das war der Beweis: Das System funktionierte! Wir müssten uns nur ein Kasino suchen, in dem der Computer zugelassen wäre. So kamen wir nach Bad Neuenahr.

Inzwischen hatte ich insgesamt vier seiner Frauen kennen gelernt. Zwei davon, Petra und Gisela, waren miteinander befreundet und wussten auch Bescheid, dass Robbie es mit beiden trieb. Bisweilen gab es Eifersuchtsdramen, und dann war es meine Aufgabe, die Eifersüchtige zu trösten. Nun fuhren wir schon einige Monate jeden Sonntag ins Kasino und spielten dort meist von drei Uhr nachmittags bis höchstens zehn Uhr abends. Wir lagen durchgehend im Plus. Da wir aber immer noch sehr vorsichtig setzten, lag der Ertrag pro Spieltag bei kaum 100 Mark. Immerhin hatte man uns die Registrierung als Profispieler angeboten. Das brachte uns kostenlosen Eintritt, kostenlose Drinks an der Bar und das Recht, ein Konto bei der Spielbank einzurichten.
Noch verlief unser Nebenjob recht diszipliniert, aber ich spürte, dass Robbie das alles zu brav war. Von unserem Überschuss nahmen wir immer nur ein bisschen mit, und das Geld versoffen oder verfraßen wir. Aus irgendeinem Grund waren wir zu Stammgästen in der Kö-Disko namens Galaxy geworden, einem komplett mit Marmor ausgelegten, per Klimaanlage tiefgekühlten Schuppen im ersten Obergeschoss des Kö-Centers. Dort bestellten wir grundsätzlich kühlen Chablis und einen gelegentlichen Wodka-Lemon. Sobald wir die Stadtgrenze erreicht hatten, mussten wir an einer Telefonzelle anhalten, weil Robbie dann seine Geliebten ins Galaxy beorderte. Manchmal gingen wir aber auch kurz vor Mitternacht noch in die Heine-Stuben zum Essen oder beim Italiener auf der Martinstraße, der später noch eine besondere Rolle spielen wird.

Eines Tages, es wird im Frühsommer 1986 oder 1987 gewesen sein, brachte er mir ein Geschenk mit. Robbie trug zu der Zeit einen enormen, selbstgemachten Ohrstecker, eine abstrakte Form, die das halbe Läppchen verdeckte. Und nun überreichte er mir ein Kästchen, in dem ein nicht ganz so großes Ding lag, ein orchideenartiges Etwas aus feinstem Zahngold. So, sagte er, und das Teil trägst ab sofort. Ich geb dir genau zwei Wochen Zeit, dir das Loch stechen zu lassen. Ansonsten mach ich dich besoffen und hau dir auf dem Kneipentisch einen Nagel durchs Ohrläppchen! Da ich mir vorstellen konnte, dass er diese Drohung wahr machen könnte, nutzte ich die nächstbeste Gelegenheit. Die ergab sich beim Besuch von Schwägerin und Schwager in einem Dorf nahe Frankfurt. Meine damals zwölfjährige Nichte hatte sich gewünscht, Ohrringe tragen zu dürfen, und die Mutter hatte es erlaubt. Da nahm der Onkel das Kind mit in die nächste Stadt, wo sich beide Ohrlöcher schießen ließen. Den Stecker habe ich bis zu dem Tag getragen, an dem ich von Robbies Tod erfuhr.

Inzwischen hatte er mit seinen Goldschmiedearbeiten einen guten Ruf in Zockerkreisen erworben. Nicht zuletzt wegen einer genialen Erfindung: Robbie hatte ein Panzerkettenglied entwickelt, das ohne Werkzeug aus dem Halsschmuck gelöst werden konnte, eine Art Puzzleteil. Man musste das eine Glied gegen das jeweils nächste verdrehen, leicht drücken, und hatte das Stück in der Hand. Da es so bemessen war, dass jedes Kettenglied genau eine halbe Unze wog, wurde es bald in Spielerkreisen als Währung akzeptiert. Außerdem hatte er eine Kokskanone in der Form einer Jaguar-Kühlerfigur erdacht, die er in Kleinserie baute.
Eines Tages rief er mich mittags im Büro an. Er brauche meine Hilfe. Ich müsse ihn bei einem etwas heiklen Deal begleiten. Natürlich sagte ich zu. Und gegen sechs Uhr abends traf ich ihn in der Mata-Hari-Passage am Rande der Altstadt. Wir setzten uns ins Café und plauderten ein wenig. Wem er was verkaufen wollte, verriet er nicht. Plötzlich sah ich drei Männer den Gang entlang kommen. Zwei Riesenkerle, die einen schmalen, kleinen Mann eskortierten. Alle drei trugen schwarze Anzüge und weiße Hemden. Kaum hatte der Kleine Robbie entdeckt, stoppte er die Bodyguards mit einem kurz Befehl. Er kam zu uns, ignorierte mich und schüttelte meinem Freund die Hand.

Georgie, so hieß der Kerl, war offiziell Gebrauchtwagen- und schrotthändler mit einem riesigen Anwesen in einem Kaff am Niederrhein. Wenn ich je einen Typ gesehen habe, dessen Visage mich an eine Ratte erinnerte, dann war es Georgies Gesicht. Dieser Geschäftsmann hatte einen wirklich bösartigen Blick. Er starrte Robbie an und fragte bloß: Wo? Robbie zahlte schnell, indem er einen Zahner auf den Tisch warf, und dann dann zogen wir los. Ziel war das Auberge, an der Ecke Bolkerstraße/Kapuzinergasse, direkt neben dem Weißen Bären, beides Kneipen, die darum wettereiferten, wo die lautere Rockmusik gespielt würde. Natürlich war es um diese Uhrzeit noch vollkommen leer, aber der Barmann hatte schon auf maximal Lautstärke gedreht. Wir ordneten uns um einen Stehtisch an einem der blinden Fenster an. Die Bedienung brachte ungefragt Altbier. Georgie gab ihr einen hasserfüllten Blick und stellte das Glas zurück auf ihr Tablett. Seine Jungs machten es ihm nach, und auch Robbie gab das Bier zurück.
Was immer der Rattentyp bestellte, es kam in hohen Gläsern, war durchsichtig und mit Eiswürfeln versehen. Wir tranken und schwiegen. Reden wäre auch sinnlos gewesen. Plötzlich fasste Georgie meinen Freund am Arm, und dann gingen sie gemeinsam auf die Toilette. Es dauerte nur ein paar Minuten, dann waren sie wieder da. Der Kleine gab seinen Schränken ein Signal, und zu dritt schoben sie ab. Robbie zählte zwei Scheine von einer dicken Rollen Banknoten, warf die auf den Tisch und zog mich mit, raus aus der Kneipe.

Gleich um die Ecke in der Schneider-Wibbel-Gasse gab es damals die ersten spanischen Restaurants, von denen eines in Wirklichkeit von Argentinier bewirtschaftet wurde. Dort lud Robbie mich zu einem der besten Steaks ein, die ich je gegessen habe. Wir bestellten vom besten Rioja und tafelten ausgiebig. Auf dem Klo der Auberge hatten zuvor über 8000 Mark den Besitzer gewechselt, denn mein Kumpel hatte für Georgie eine Spezialversion der Panzerkette angefertigt, bei der jedes Glied eine ganze Unze wog. Das Gold hatte der Auftraggeber ihm zukommen lassen, die Kohle war das Honorar. Und, wie ich später erfuhr, das Schweigegeld. Der böse Junge vom Land hatte Robbie auf der Toilette ein wirklich spitzes Messer gezeigt und gesagt, dass er ihm erst die Ohren und dann die Eier abschneiden würde, wenn irgendwer von dem Deal erführe – ich als offizieller Begleiter war von der Geheimhaltung ausgenommen.

Keine Frage, dass wir diese Sache ernstnahmen. Einige Monate später tauchte Georgie unvermutet im Kasino auf. Dieses Mal waren nicht nur seine Bewacher dabei, sondern drei wunderschöne Frauen verschiedenen Alters. Als wir im folgenden Sommer zu einem Fest auf seinem Anwesen eingeladen waren, stellte er sie uns als seinen Harem vor. Die älteste Dame war die Mutter der mittleren Frau, die jüngste eine Cousine. Von der Bundesstraße nach G. zweigte auf halber Strecke ein schmaler Fahrweg ab. Schon kurz nach der Einmündung wurden wir von drei extrem drahtigen Typen in Tarnanzügen gefilzt. Hundert Meter vor dem Tor mussten wir das Auto abstellen. Ein fetter Kerl, der seinen Overall fast zum Platzen brachte, eskortierte uns auf das Gelände.
Das Gelände war zum Weg hin von einer Mauer begrenzt. Dahinter lag der Gebrauchtwagenmarkt. Vierzehn, fünfzehn Luxuslimousinen standen dort zum Verkauf. Dann kamen wir an einer langstreckten Halle vorbei, die den Schrottplatz begrenzte, der über gut zweihundert Meter Tiefe an einem Wäldchen endete, durch das sich ein Pfad schlängelte. Am Ende landeten wir in einem Park, in dessen Mitte sich eine wunderschöne alte Villa erhob. Dort fand die Party statt. Bei der Begegnung in Bad Neuenahr ignorierte Georgie uns, und auch wir taten, als würden wir ihn nicht kennen.

Die Fahrten zur Spielbank waren zur Routine geworden. Auf dem Konto dort hatten sich inzwischen gut 15000 Mark angehäuft. Da wir unsere Einsätze mittlerweile erhöht hatten, hoben wir jeweils 5000 Mark ab. In der Regel erzielten wir einen Überschuss von mindestens 500, oft aber auch 1000 Mark. Schlimmstenfalls gingen wir mit einer schwarzen Null nach Hause. Das passierte uns im folgenden Winter an fünf Sonntagen nacheinander. Robbie wurde nervös. Immer wieder hatte er davon phantasiert, nicht mehr arbeiten gehen zu müssen und nur noch vom Zocken und den Goldschmiedearbeiten leben zu können – im Winter in Deutschland, im Sommer irgendwo rund ums Mittelmeer an einem Ort mit Kasino.
Ich beteiligte mich an diesen Spinnereien nicht. Schließlich hatte ich einen Job, der mir einigermaßen Spaß machte und zudem gut bezahlt war. Und im Gegensatz zu Robbie war ich Familienvater. Auch wenn sich diese Geschichte so anhört, als sei ich dauernd mit ihm durch die Gegend gezogen – die beschriebenen Eskapaden beschränkten sich in Wirklichkeit auf vielleicht sechs oder sieben Nächte in den zwei Jahren, in denen wir ein Team bildeten.

Es muss mal wieder was passieren, sagte er eines Sonntags auf der Fahrt an die Ahr. Ich weiß noch genau: Es war ein trüber Tag im späten November. Es hatte Tage lang genieselt. Die Leute hatten schlechte Laune, und am liebsten wäre man im Bett geblieben. Die Autobahn hinter Bonn war wie leergefegt. Der Kurort lag am frühen Nachmittag wie tot da. Was meinst du, fragte ich. Na, dass wir wieder gewinnen, hab er zurück. Tatsächlich hatte er eigenes Geld mitgebracht und umgetauscht und mir eröffnet, er werde auf eigenes Risiko nebenbei setzen. Unsere Arbeitsteilung sah ja so aus, dass er am Tisch saß und setzte, während ich hinter ihm stand und den Rechner bediente. Um die Einsätze und Gewinne kümmerte ich mich nicht. Und so merkte ich nicht, dass er durch seine Zockerei auf Zero die mitgebrachte Kohle verbrannt hatte und begann, mit unserem Geld Nebeneinsätze zu machen. Es lief aber auch sonst nicht gut an diesem Tag. Es sah so aus, als würden wir zum ersten Mal seit Monaten ernsthafte Verluste einfahren. Robbies Eigensinn machte die Sache nicht besser. Dann waren die ersten 5000 weg. Wir holten Nachschub. Mein Kumpel setzte immer höhere Beträge auf die Null. Mal gewann er, mal verlor er – aber insgesamt verlor er viel öfter. Wir brachen unsere letzten 5000 Mark an, aber es war schon nach Mitternacht. Keine Chance mehr bis zum Spielschluss um eins die Verluste reinzuholen. Wir setzten wild durch die Gegend. Als der Saalcroupier die Tische schloss, hatten wir noch 1500 Mark – etwas weniger als der Betrag, mit dem wir gut zwei Jahre zuvor begonnen hatten.
Auf der Rückfahrt redeten wir nicht viel. Robbie ließ mich Ginos Restaurant ansteuern. Wir parkten vor dem Eingang und gingen durch den Hof zu dem Anbau, in dem sich die Küche befand. Der Wirt war noch beim Putzen. Wir klopften, der kleine, dicke Italiener ließ uns rein und fragte, ob wir noch Hunger hätten. Wir bejahten und wurde mit den besten Resten dieses feinen Lokals bewirtet. Gegen halb vier liefen wir im Galaxy ein, wo wir unser restliches Geld in Champagner investierten. Um fünf tanzten wir engumschlungen. Dann verließen wir die Disko, lachend und weinend zugleich.

Da wir nicht mehr zusammen zocken gingen, sahen wir uns nicht mehr so oft. Robbie hatte die Mutter seiner Tochter endgültig verlassen und war mit Barbara, die er immer nur Be nannte, zusammengezogen. Und der blieb er bis zu seinem Tod treu. Manchmal gingen wir mittags in der Stadt Kaffee trinken. Inzwischen war er Auftragszocker geworden. Bei den Zahnärzten, mit denen er als Dentaltechniker kooperierte, sammelte er Geld und garantierte 10 Prozent Rendite. Wer ihm also am Freitag 1000 Mark gab, bekam am Montag 1100 zurück. Da er aber mit unserem alten System meist eher fünfzehn, sechzehn Prozent Überschuss erwirtschaftete, verdiente er ganz gut daran. Irgendwann kam er mit einem zerknitterten Heft. Das sei ein neues System, das ein Profispieler in Aachen ihm geschenkt habe. Das sei todsicher und für mindestens 20 Prozent gut. Ob ich wieder einsteigen wolle. Ich lehnte ab. Seit der deströsen Nacht damals in Bad Neuenahr habe ich nie wieder eine Spielbank betreten, und das einzige Glücksspiel, das ich betreibe, ist das stinknormale Lotto.

Wir verloren uns aus den Augen. Erst acht Jahre später traf ich Robbie und Be zufällig auf einer Fete. Er sah ungesund aus, aufgeschwemmt und versoffen. Und ich dachte, das läge an seinem unsoliden Lebenswandel. Dabei hatte ihn die Krankheit schon am Wickel. Als wir uns zwei Jahre vor seinem Tod trafen, berichtete er von seinem Leiden. Die erste Spenderniere hatte der Körper abgestoßen. Das zweite Fremdorgan versagte nach nur drei Jahren. Da war sein Immunsystem aber schon so geschädigt, dass man ihm von einer weiteren Transplantation abriet. Er wurde Dialysepatient, Frührenter mit sehr, sehr wenig Geld. Die Krankheit hatte auch dazu geführt, dass er nicht mehr vernünftig mit Gold arbeiten konnte. Seine Lebensgefährtin hatte eine Boutique bei uns um die Ecke übernommen, wo ich dann regelmäßig vorbeischaute, weil Robbie fast den ganzen Tag dort saß und nichts tat. Dann ging sie pleite, und die beiden zogen weg.

[Hinweis: Dies ist die erste Stadtgeschichte, der weitere folgen werden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen, realen Orten und Ereignissen liegt im Ermessen des Autors.]

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