Als wir alle am Tag nach Thibauds angeblichem Tod in der ehemaligen Mensa beisammen saßen, müde und traurig, und Tee tranken, wollte natürlich jeder von einem persönlichen Erlebnis mit ihm berichten. Auch Eric fing mit einem “Wisst ihr noch…” an, brach aber ab und lachte laut auf. Nur Sue erzählte gefasst und lückenlos von dem Tag als Thibaud morgens in die Badewanne gestiegen war und nach vierzehn Stunden immer noch darin saß und dann erstmals quer durchs Haus nach ihr rief. “Bring mir bitte eine Flasche von dem 86er Saint Emillion”, habe er sie gebeten. Als sie mit dem Wein und einem Glas ins Badezimmer zurückgekehrt sei, habe er sehr flach in der Wanne gelegen, und sein großer, steifer Penis habe aus dem Wasser geschaut wie ein Leuchtturm. Er habe da mit geschlossenen Augen gelegen und eine auffordernde Handbewegung gemacht. Sue schilderte detailliert, was sie mit seinem Glied gemacht hatte, und Jill fragte natürlich: “Hast du geschluckt?”
Später kam Hanshubert mit finnischem Wodka, den wir aus der Flasche tranken bis der Pächter das Licht löschte. Im Dunkeln hörte ich Zyra schluchzen und Seph leise stöhnen. Wir tranken und schwiegen und fragten uns, was nun werden würde. Die Maschinen im Tiefkeller summten leise, ab und zu hörte ich Schritte auf den Stahlblechstufen draußen, und dann fiel ein Lichtkegel durch die Milchglastür zum Gang.
Thibaud hielt eine starke Taschenlampe in der Linken als er die Schwingtür öffnete und unseren Tisch erleuchtete. Jill schrie kurz auf, während Zyra vom Stuhl rutschte, direkt vor Sephs Füße. Er hatte Kerzen mitgebracht, die er aus den Innentasche seiner Kutte zog, aufstellte und anzündete, eine Kerze vor jedem von uns. Nachdem Thibaud die Kapuze vom Kopf gezogen hatte, erkannten wir, dass sein Schädel kahl rasiert war, ganz glatt, poliert fast und mit keltischen Symbolen bemalt. Jeder einzelne von uns hatte sich ihm zugewandt und wartete auf seine Worte. Thibaud zögerte einen Moment und sagte dann: “Gerüchte über den Tod sind schlimmer als das Sterben selbst. Du wirst wehrlos, wenn du tot bist, und jeder kann über dich erzählen, was er will. Und übrigens: Die Geschichte über meinen Tag in der Badewanne ist falsch.”
Später stellte Sue die ganze Sache dann richtig. Nicht Thibaud habe den Tag badend zugebracht sondern sie. Allerdings sei er nach einigen Stunden mit einer Flasche Rotwein aus dem Supermarkt zu ihr gekommen, nackt und erigiert, und sie habe ihm, der vor ihr stand während sie im Wasser saß, einen geblasen.