Thibaud sah schlecht aus, müde und abgespannt – wie nach seiner letzten Reise auch. Er hatte den engsten Kreis zu unserem Lieblingsmexikaner eingeladen und läutete den Abend mit einem doppelten Mescal ein. “Ihr erwartet sicher meinen Bericht von der Reise”, begann er, “aber ich muss euch enttäuschen. In jedem Flugzeug, in jeder fremden Stadt, an Traumstränden und im Gebirge, an jedem Ort habe ich nur darüber meditieren können, was es ist, das mich reisen macht.” Er nahm noch einen Mescal, der Kellner kam und nahm die Bestellungen auf. Wir mussten lange auf die Fortsetzung seiner Erklärung warten.
In dieser Zeit erzählte Izzi von seinem Aufenthalt in Burkino Faso, und Heinzherbert wusste witzige Anekdoten aus der Südsee zu erzählen. Niemand wagte, Thibaud zu fragen. So aßen wir und plauderten dabei, während er vom Mescal auf Bier umstieg, ohne spürbar betrunken zu werden. Ellen hatte ihren Stuhl neben seinen gerückt und schien die Hand auf seinen Oberschenkel zu legen. Unter seiner Sonnenbräune war Thibaud blass. Er hatte das Haar zum Zopf gebunden und wirkte als habe er einige Kilos abgenommen. “Jede Reise”, sagte er schließlich, “ist doch nur eine existenzielle Begegnung zwischen dem Ich und dem Rest der Welt. Reist du alleine, wirst du mit anderen Existenzformen konfrontiert und musst eine Methode finden, dich mit dieser so zu arrangieren, dass eine minimale, aggressionsfreie Kommunikation möglich ist. Du lernst nicht mehr dabei als zu kommunizieren. Reist du in einer Gruppe, läuft alles auf ein psychosoziales Experiment hinaus, bei dem es darum geht, wie die Mitglieder der Gruppe die existenziellen Begegnungen mit dem Fremdem verkraften. Reisen ist anstrengend, und es ist sicher der Gelassenheit am zuträglichsten, immer wieder an denselben Ort zu reisen. Und zwar so oft, dass du nicht mehr fremd bist.” Ich konnte Thibaud in diesem Moment gut verstehen, den ich hatte mich auf jeder meiner vielen Reisen, und wenn sie mich nur in andere Regionen des Landes führten, immer sehr fremd, wenig akzeptiert und letztlich nur als Störfaktor empfunden, der die soziale Balance des bereisten Ortes stört. Thibau sagte dann später noch, dass er nie wieder irgendwo hin reisen würde, wo er nie zuvor war.