Auch dieses Mal hatte Thibaud sich nicht bei uns abgemeldet, er verschwand einfach und tauchte nach fast sieben Monaten wieder auf: braungebrannt und mit kurzgeschorenen Haaren. Wir hatten keine Verbindung gesehen zwischen seiner Abwesenheit und dem Mord an den zwei jungen Männern in Rudolstadt. Deshalb kam sein Geständnis umso überraschender. Wir trafen uns mit ihm im Stadtpark am See. Er trug eine Sonnenbrille und wirkte nervös. Er sei noch am gleichen Abend mit dem Auto in die Schweiz gefahren und mit der letzten Maschine von Zürich nach Casablanca geflogen. Dort habe er einen Wagen gemietet um nach Goulimime zu kommen, wo sein Freund Tarek lebt. Am nächsten Tag habe er sich die Haare schneiden lassen und dann eine Dschellabah gekauft. Sein Glück sei es gewesen, dass niemand den Vorfall beobachtet habe, der seine Flucht ausgelöst hatte.
Er sei an jenem Abend weit nach Mitternacht zu Fuß unterwegs gewesen zu seinem Hotel. Gut gelaubt sei er gewesen nach einem musikalischen Abend mit Freunden aus der Folk-Szene. Er habe den bunten Rock getragen und leise vor sich hin gesungen als ein dunkelroter Opel älteren Baujahrs neben ihm angehalten habe. Ansonsten sei kein Mensch auf der Straße gewesen, und die Fenster der Häuser seien alle dunkel geblieben. Der Beifahrer habe die Scheibe heruntergekurbelt und ihm eine Beleidigung zugerufen. Er habe sich herabgebeugt und dann gesehen, dass es sich offensichtlich um Skinheads handelte. Dann habe der Fahrer ihn als Zigeuner beschimpft, den man wohl vergessen habe zu vergasen. Thibaud hielt in seinem Bericht inne und sah sich um. Er habe wie immer seine 6,35er-Walther dabei gehabt, in diesem Moment die Waffe gezogen und den Beifahrer aus nächster Nähe in die Schläfe geschossen. Mit dem zweiten Schuss habe er auch den Fahrer getötet. Dann sei er zum Hotel gelaufen, habe sich in die Tiefgarage geschlichen und sei ohne weiteres davon gefahren.
Ein schlechtes Gewissen habe er in den sieben Monaten seiner Abwesenheit nicht gehabt. Er sei nach wie vor der Meinung, dass Gewaltlosigkeit im Umgang mit den Neofaschisten nicht der richtige Weg sei. Zilly widersprach ihm, und ich schwieg dazu.