Ein pinkes Plastikpony

Gerade habe ich Wasser nachgefüllt. Keyla steht in der verbeulten Zinkwanne, während ich die Gießkanne halte. Ich sehe Leissa in ihr. Als ich meine Frau kennenlernte, war sie kaum drei Jahre älter als meine Tochter jetzt. Ein Jahr später habe ich sie zum ersten Mal geschwängert. Sie sind sich ähnlich. Ich kann erkennen, wie Keyla als Erwachsene aussehen wird. Jetzt sitzt sie wieder im Wasser und wäscht ihre Spielfiguren, die sie nachts auf einem Brett neben ihrem Bett abstellt: ein Playmobil- und ein Lego-Männchen, eine He-Man-Figur, eine Barbie und das Wunderpony, das ich ihr neulich mitgebracht habe.

Wie alle ihre Spielsachen habe ich sie auf der Halde gefunden. Ich sitze auf dem Hocker unter dem Vordach und schaue ihr zu. Sie liebt dieses Plastikpferd, ein Klumpen pinkes Plastik, kaum faustgroß, mit neonblauen Fransen als Mähne und Schweif. Eigentlich müsste ich los, Geld verdienen. Aber ich kann nicht gehen, bevor Leissa zurück ist vom Markt. Keyla flüstert dem Wunderpony etwas ins Ohr. Sie spricht immer mit ihren Figuren, sehr leise und mit verstellter Stimme. Mando machte sich immer lustig über sie, wenn er das mitbekam. Ich frage mich, ob sie ihren Bruder vermisst. Manchmal denke ich, sie redet mit ihm, wenn sie dem He-Man etwas erzählt.

Paulo kommt ums Haus, eine Flasche Pacca in der Hand. Hey, hey, hey, ruft er, Nacktbaden im Familienkreis! Vermutlich hat er schon eine Flasche von diesem Schnaps intus. Er starrt Keyla an und sagt nach einer Weile: Na, du Hübsche, machst du dich frisch für einen Kerl? Sie weicht seinem Blick aus. Was willst du? frage ich Paulo. Er ist einer der Bosse hier in unserem Viertel und hat sich von Kindheit an mit der Faust durchgesetzt. Komm schon, lass uns zusammen trinken. Ich winke ab: Geht nicht, muss heute noch arbeiten. Im Müll rumwühlen, ja? Das geht betrunken noch besser. Er lacht gehässig. Los, trink ein Glas mit mir, sonst bin ich beleidigt.

Es ist besser ihm nicht zu widersprechen. Also gehe ich hinein, um Gläser und Wasser zum Verdünnen zu holen. Bring Eis mit, ruft er. Haben wir nicht, antworte ich. Durch die Küchenluke sehe ich, dass er meinen Hocker genommen und dicht an die Wanne gerückt hat. Keyla hat die Position gewechselt und wendet ihm den Rücken zu. Ich nehme mir den Küchenstuhl mit nach draußen. Paulo trägt eines dieser weißen Unterhemden mit breiten Trägern und helle Cargoshorts. Auf seinem rechten Oberarm ein tätowierter Teufel mit Hörner, Hufen, Schweif und einem langen, harten Penis.

Ich halte ihm die Gläser hin, und er schenkt ein. Während er Wasser hinzugibt, schütte ich ein bisschen vom Schnaps aus. Er prostet mir zu. Ich nippe an meinem Glas. Los, Keyla, sag ich, geh rein und zieh dich an, es ist spät. Nein, nein, sagt Paulo, bleib noch. Steh doch mal auf, damit dich der Onkel anschauen kann. Ich greife das Tuch vom Haken an der Wand und reiche es ihr. Wie alt bist du? Zwölf? Dreizehn? Keyla hat sich in das Laken gewickelt und sammelt ihre Figuren ein. Sie wird in drei Wochen dreizehn, sage ich. Er hat die Linke in der Hosentasche, und es sieht so aus, als würde er an seinem Glied rummachen.

Pass auf, setzt er an, ich sag dir jetzt was. Er leert das Glas in einem Zug und schenkt sich nach. Nächstes Jahr, wenn sie vierzehn ist, nehm ich sie dir ab. Ich geb dir, sagen wir, fünftausend für das Mädchen. Und wenn sie sechzehn ist, heirate ich sie sogar. Ist das ein Deal? Ich höre Keyla in ihrem Zimmer, sie singt einen Schlager, der zurzeit ständig im Radio läuft. Paulo wird sie sich nehmen, ob ich auf sein Angebot eingehe oder nicht. Ich werde ihn töten müssen.

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