Nicht immer, wenn ein Mensch auf einem Foto zu sehen ist und dabei in die Kamera schaut, posiert er. Wir haben hier ein Hochformat. Der Mann steht auf dem Weg, der aus dem Park ins freie Feld führt. Man sieht ihn von vorne, und er schaut an der Linse vorbei. Das Kinn leicht angehoben, den Kopf ein wenig schief, mit neutralem Gesichtsausdruck. Die Hunde sitzen zu seinen Füßen und blicken in entgegengesetzte Richtungen. Es dürfte später Herbst oder früher Winter sein, denn der Mann trägt einen Dufflecoat, einen Schal und eine Mütze.
Stellt euch mal in Positur, hat der Vater, ein begeisterter Hobbyfotograf, der immer den Anspruch hatte, mehr als nur Schnappschüsse zu produzieren, meist gesagt, wenn es galt, Gruppenbilder aufzunehmen. Das bedeutete, dass alle in die Kamera zu sehen und dabei zu lächeln hatten. Und wenn das nicht gelang, befahl der Vater: Sagt mal alle Käsekuchen. Und weil es ihm um Ästhetik ging, sorgte er eigenhändig für die gewünschte Aufstellung, in der ein Platz für ihn frei blieb, den er schnell einnahm, sobald er den Selbstauslöser gestartet hatte.
Der Mann mit den Hunden mag keine Hochformate. Er mag es auch nicht zu posieren. Also sich speziell für ein Foto auf diese oder jene Weise hinzustellen oder zu setzen und auf eine bestimmte Weise zu gucken oder etwas Gewünschtes zu tun. Er möchte authentisch bleiben, wahrhaftig, und erwartet, dass solch ein Foto seine Persönlichkeit wiedergibt so wie sie ist. Und weil das so ist und er normalerweise der Mensch mit Kamera ist, gibt es nur sehr wenige Bilder, auf denen er zu sehen ist.
Den Hunden ist das egal, weil sie keinen Begriff von Fotografien haben. Ja, sie können sich solche Bilder noch nicht einmal anschauen und die Abgebildeten erkennen. Trotzdem gibt es zahllose Anekdoten von Hunden, die angeblich ihre verstorbenen Menschen auf diesem oder jenem Foto erkannt haben. Dabei wissen wir doch, dass Hasso und Waldi nicht auf das Bild reagieren, sondern auf den Menschen, der es ihnen zeigt.
Wir wissen nicht, wer das Bild aufgenommen hat. Es scheint eine Person zu sein, die deutlich kleiner ist als der Fotografierte. Oder zum Knipsen in die Hocke gegangen ist, vielleicht im Bemühen, sich auf Augenhöhe mit den Hunden zu begeben, was nicht gelungen ist. Stattdessen bewirkt der Höhenunterschied nur, dass der Mann mit den Hunden ausgesprochen arrogant wirkt. Wie Menschen meist überheblich erscheinen, wenn sie von schräg unten fotografiert werden.
Es gibt nur diese eine Aufnahme, weil der Mann mit den Hunden es abgelehnt hat, für eine weitere Aufnahme stehen zu bleiben. Zumal die beiden Windhunde, denn um diese Sorte handelt es sich, bereits unruhig werden, darauf hoffen, von den Leinen gelassen zu werden, um ihre Rennspiele zu spielen. Der Mann wird dann langsam weitergehen und die Tiere beobachten. Und sich an der Bewegung erfreuen.