Es ist die Stadt meiner Träume, und ich nenne sie Rostock. Viele meiner Träume spielen sich in dieser Stadt ab, die in Wahrheit nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem real existierenden Rostock hat. Die Namensgebung beruht auf einer Eingebung, die ich eines Morgens im Aufwachen und nach einem Traum in dieser Stadt hatte: Sie soll Rostock heißen. [Lesezeit ca. 3 min]
.
Dabei ähnelt sie eher meiner Heimatstadt in den Fünfzigerjahren, meiner Kindheitszeit. Weil ich so oft da bin, kenne ich Rostock wie meine Westentasche. Da ist der mächtige alte Bahnhof, an dem ich in vielen Träumen ankomme. Es gibt eine Straße, die durch die ganze Stadt führt, und auf der eine Straßenbahnlinie verkehrt. Im Zentrum eine Kreuzung, umgeben von altmodischen, düsteren Gebäuden, eines davon ist manchmal ein Warenhaus. Es gibt leider keinen Fluss, keinen See, keinen Hafen und auch keine Parks. Weiter außerhalb werden die Häuserblocks immer niedriger, die Abstände zwischen den Gebäuden immer größer, bis die große Straße sich im Nirgendwo verliert.
Oft ist eine Menge los in Rostock. Dann flanieren Hunderte über die Gehsteige, und die Straßenbahn ist überfüllt. Manchmal spielt das alles in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg; die Männer tragen Hüte und Spazierstöcke, die Frauen weite Kleider. In der Regel aber träume ich ein Rostock der Gegenwart mit Menschen, die so aussehen wie heute.
Bisweilen aber ist die Stadt beinahe menschenleer. Dann ist die Stimmung bedrohlich; hinter jeder Ecke könnte jemand lauern, der mir Böses will. Und das sowohl tagsüber als auch nachts. Das Wetter ist immer relativ unauffällig. Ab und zu aber hat es geschneit, oder es regnet gleichmäßig.
Die Träume, die mich nach Rostock bringen, sind nie angenehm. In vielen Fällen geht es darum, dass ich einen Auftrag habe, dass ich etwas erledigen soll. Und dann verirre ich mich fast immer. Ich fahre beispielsweise mit der Straßenbahn und steige an der falschen Haltestelle aus, in einer Gegend, die ich nicht kenne. Mit jedem Versuch, wieder ins Zentrum zu gelangen, wo ich mich auskenne, wird es schlimmer. Nie hilft mir jemand, ja, meistens reagieren die Menschen nicht auf mich, wenn ich sie anspreche; sie ignorieren mich. Am schlimmsten sind die Träume, in denen ich verfolgt werde. Von Personen, die sich nicht zeigen.
Neulich hatte ich einen Traum, in dem ich mit meinem Hund in Rostock war. An einem von einem hohen Maschendrahtzaun umgebenen Gelände, einer Art Park- oder Lagerplatz, riss er aus. Plötzlich waren wir jeweils auf einer Seite des Zauns, und eine Tür oder ein Tor gab es nicht. Ich umkreiste den Platz, und der Hund folgte mir auf der anderen Seite mit zunehmender Panik. Es gab keine Öffnung. Ich rief ihm zu, er solle über den Zaun springen, obwohl ich wusste, dass er noch nie über ein derart hohes Hindernis gesprungen war. Dann tauchten plötzlich Leute auf dem Gelände auf, die offensichtlich bereit waren, dem Hund zu helfen. Schließlich sprang er, unterstützt von zwei Männern, die versuchten, ihn über die obere Kante zu heben. Dort blieb er hängen, konnte nicht vor oder zurück. Und ich wachte auf.
Da sind mir die Träume, in denen nichts passiert, in denen ich einfach nur durch Rostock irre, deutlich lieber. Zumal ich in diesen Fällen ab und an eine Frau treffe, in die ich mich verliebe. Dass sie mich ablehnt, ist nicht wirklich schlimm.
[Illustration generiert von Google Gemini]