Fleischwolf

“Wenn wir das, was wir mit unseren Hirnen anstellen, nämlich auf der Ebene permanenter Selbstreferenz das bereits Gedachte immer wieder denken, mit unseren Körpern täten, würden wir uns innerhalb kürzester Zeit selbst verdauen”, sagte Thibaud als Einleitung. Wir waren alle eingeladen in seine neue Küche. Er stand an der Herdinsel, hatte einen schwarze Kochjacke an und die langen grauen Haare unter einem schwarzen Kopftuch verborgen. Seit ein paar Monaten war er der Kocherei verfallen und hatte sich von uns zum Geburtstag alle möglichen Utensilien für die Küche gewünscht. Und an diesem Abend wollte er uns vorführen, was er damit zu erzeugen in der Lage war. Auf der Arbeitsplatte hinter ihm stand der schwere stählerne Fleischwolf.

Jill und Sue sahen sich gelangweilt an. Schwerer Herbstregen schlug gegen das deckenhohe Fenster. Es roch nach Kohlenfeuer, nach Zimt und Koriander. “Geht’s auch ohne Psychoquark”, murmelte Hansherbert, aber Thibaud hörte ihn nicht. “Beim Kochen”, setzte er fort, “befasst man sich zwangsläufig mit Physik und Chemie. Gleichzeitig ist aber die Zubereitung einer jeden Mahlzeit ein psycho-sozialer Akt. Deshalb ist es sinnlos, für sich selbst zu kochen. Jedes Gericht braucht ein Publikum.” Es schien, als erwartete er von uns, dass wir die nächsten Stunden in der Küche verbringen und ihm zusehen würden. Aber dann verteilte er Aufgaben: Sarah hackte Zwiebeln, Seph schälte Kartoffeln, und ich kümmerte mich um den Salat. Innerhalb weniger Minuten waren wir alle eingespannt und arbeiteten schweigend unter Thibauds Anleitung.

Erst als der Tisch gedeckt war und die Speisen aufgetragen wurden kam wieder ein Gespräch in Gang. Wir sprachen davon, was wir gerne aßen und kochten und tauschten Kinderheitserinnerungen aus.

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